2022 rauschten Techaktien in die Tiefe – nun locken attraktive Bewertungen, glaubt Jan Beckers. Der Fondsmanager erklärt außerdem, warum er die Konkurrenz durch Cathie Wood nicht fürchtet
Capital: Herr Beckers, Sie haben früh in Facebook investiert und waren auch in der Seed-Runde von Delivery Hero dabei. Wie wird man vom Start-up-Investor zum Fondsmanager?
JAN BECKERS: Mit dem Gedanken, einen Fonds aufzulegen, habe ich schon lange gespielt. Ich habe im Alter von 15 Jahren begonnen mich mit den Kapitalmärkten auseinanderzusetzen und meine ersten Aktienkäufe getätigt. Dann habe ich mich aber darauf konzentriert, selbst Tech-Unternehmen aufzubauen – aus fester Überzeugung, dass Wirtschaft und Gesellschaft immer mehr von Technologie dominiert werden. Neben meinen Gründungen habe ich persönlich gemäß dieser Überzeugung an der Börse investiert und meinen Investmentansatz stetig weiterentwickelt. So wuchs bei mir ein Verständnis für das Innenleben von Unternehmen, verbunden mit einer Passion für den Aktienmarkt. Ich war auch immer schon politisch interessiert und es ist mir ein Dorn im Auge, wie schlecht wir in Deutschland überwiegend unser Geld anlegen. Wir investieren viel zu wenig in Zukunftsbereiche wie Technologie.
Und das wollten Sie ändern?
Die Gründung von BIT Capital im Jahr 2017 war letztlich ein natürlicher Prozess. Unsere Mission, europäische Anleger an den besten Tech-Unternehmen der Welt zu beteiligen, ist uns wichtig und macht Freude – auch weil wir mit unseren Fonds in vier von fünf Jahren ein erfreuliches Jahresergebnis erzielen konnten.
Mit wem vergleichen Sie sich dabei?
Grundsätzlich sind wir sehr darauf fokussiert unsere eigenen Investmententscheidungen weiter zu optimieren und schauen weniger auf andere. Wir werden jedoch häufig mit dem ARK Innovation ETF von Cathie Wood verglichen. Seit Auflage unserer ersten Fonds vor fünf Jahren hat der BIT Global Internet Leaders rund 300 Prozent an Wert gewonnen, ARK hat nur 10 Prozent Rendite erzielt.
Sie fürchten also nicht den kürzlich erfolgten Einstieg von Cathie Wood in den europäischen Markt durch die Übernahme von Rize ETF?
Wir freuen uns sehr über den Markteintritt von Cathie Wood, weil unser Technologiesegment verstärkt in den Fokus rückt. Der Technologiesektor gehört als Baustein in jedes Portfolio – und der Vergleich spricht für sich. Wir können davon also nur profitieren. Mit uns investieren deutsche Anleger mittels eines deutschen Produktes weltweit in Techaktien und erzielen dabei überproportionale Renditen.
Techaktien galten als teuer, weshalb zuletzt viele in unterbewertete Value-Titel investiert haben. Wie steht es jetzt um die Bewertung von Technologie?
Schaut man auf den Nasdaq-Internet-Index, einen Subindex von Internet-Unternehmen, dann sind die Firmen im Schnitt mit dem Dreieinhalbfachen ihres Umsatzes bewertet. Das liegt unter dem historischen Durchschnitt und in der Vergangenheit waren in solch einem Umfeld die Erträge in den Folgejahren meist sehr hoch. Eine Garantie für die Zukunft gibt es nie, aber aus unserer Sicht sehen wir nach dem großen Tech-Crash in 2022 weiterhin sehr attraktive Bewertungen.
Der BIT Global Internet Leaders 30 hat ein Anlagevolumen von rund 612 Mio. Euro und ist damit eher ein kleiner Aktienfonds. Ist das ein Vor- oder Nachteil für Sie?
Es ist natürlich ein Unterschied, ob man 1 Billion oder nur 1 Mrd. Euro investieren muss. Wenn man zu den allergrößten Fondsmanagern weltweit gehört, kann man auch nur noch in die Titel mit der höchsten Marktkapitalisierung investieren. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass wir den höchsten Ertrag bei Unternehmen mit einer Marktkapitalisierung zwischen 2 und 80 Mrd. Euro erzielen können. Das sind in der Regel erfolgreiche, gestandene Unternehmen, aber noch mit sehr viel Wachstumspotenzial am globalen Markt, die ihre Gewinnmargen von vielleicht 10 bis 15 auf 20 bis 25 Prozent ausweiten können. Für uns ist das der Sweet Spot – in der zweiten, dritten und sogar vierten Reihe finden sich noch viele unentdeckte Perlen. Das schließt nicht aus, dass sich auch Chancen in der ersten Reihe bei den Bigtech-Unternehmen ergeben, die wir als aktiver Manager wahrnehmen können, wie etwa zu Jahresbeginn mit Nvidia.
Das Trendthema künstliche Intelligenz treibt die Kurse von Techaktien nach oben. Doch welche Papiere sind ihr Geld wirklich wert? Capital stellt zehn aussichtsreiche Unternehmen vor
Einem Hauptprofiteur des Wachstums bei künstlicher Intelligenz.
Genau: Wir haben Ende 2022 erkannt, dass generative Künstliche Intelligenz das wichtigste Investmentthema in 2023 sein würde – und wahrscheinlich noch lange darüber hinaus. Wir sind dann flexibel genug, um unser Portfolio überproportional entlang eines solchen Themas auszurichten. Auf fünf Jahre betrachtet haben wir die höchsten Erträge mit unseren „High Conviction Investments“ erzielt, also hohen Gewichtungen in Unternehmen, bei denen wir ein besonderes Marktpotenzial sehen und von denen wir besonders stark überzeugt sind – wie etwa Duolingo oder zu Beginn des Jahres auch bei Nvidia.
Bleibt künstliche Intelligenz ein Anlagetrend, oder verschwindet er so schnell wie Metaverse oder Krypto?
Der Begriff Trend impliziert, dass man einer Sache hinterherrennt, weil sie gerade angesagt ist. Unser Blickwinkel ist ein anderer: Wir schauen auf Technologien, die in den nächsten Jahren nicht nur Fantasien wecken, sondern Unternehmen auch real operativ voranbringen. Künstliche Intelligenz wird in den kommenden Jahren die eine Technologie sein, die alle anderen Technologien und investierbare Themen maßgeblich prägen wird. Wenn wir beispielsweise Fortschritte in der autonomen Mobilität sehen, dann natürlich vor allem dank der Fortschritte von KI. Oder ein anderes Beispiel: Die großen Mengen an grafischen Inhalten für die neuen VR-Brillen von Apple sind nur mit Hilfe von KI effizient zu erzeugen. Wir investieren nicht in KI-Hype-Firmen, sondern in Unternehmen, die für dieses Thema inhärent gut aufgestellt sind.
Haben Sie ein Beispiel?
Man landet dann beispielsweise bei der Online-Sprachschule Duolingo, die mittels KI schon jetzt sehr gut ihren Content generieren kann. Oder man stößt auf die Nubank aus Brasilien, die sehr viele Daten ihrer Nutzer besitzt und diese etwa bei der Kreditvergabe smart einsetzen kann. Auch die Ebene der KI-Infrastruktur ist einen Blick wert. Entlang der Hardware-Wertschöpfungskette ergeben sich viele spannende Investmentopportunitäten, die wir gegenwärtig beobachten.
Wie stehen sie zu Krypto-Anlagen?
Der Anstieg der Zinsen hatte natürlich großen Einfluss auf die Entwicklung von Krypto-Assets. Noch immer ist es so, dass etwa 99 Prozent der existierenden Tokens keine Daseinsberechtigung haben, da landet sehr viel Geld bei Abzockern. Das sollte einen aber nicht dazu verleiten zu sagen: Ich will mit der ganzen Anlageklasse nichts zu tun haben. Wenn man in der Lage ist die richtigen Assets zu selektieren, ist Krypto eine gute Beimischung für das Portfolio. Wir können in unserem Fonds BIT Global Crypto Leaders bis zu zehn Prozent direkt in Krypto-Assets halten.
Und wann endet der Krypto-Winter?
Darauf kann niemand eine genaue Antwort geben. Aber im nächsten Jahr steht das nächste Bitcoin-Halving an, bei dem sich alle vier Jahre der Output an Bitcoin halbiert, der Minern zur Verfügung gestellt wird. Das verändert sofort das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und hat in der Vergangenheit regelmäßig einen Bullenmarkt ausgelöst. Auch hier gibt es keine Garantie, aber beim Halving in sechs Monaten sollten wir auch den Höhepunkt der Zinsen gesehen haben. Zudem sehen wir gute Chancen, dass in den USA bald der erste Bitcoin-Spot-ETF zugelassen werden könnte. Die Ausgangslage ist also gar nicht so schlecht.
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Author: Janice Shepherd
Last Updated: 1698755162
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